Motivierte, von Deutschland begeisterte Koreaner
Am Brunnen vor dem Tore
Innerhalb einer Generation hat sich Korea von einem armen Bauernstaat in eine fuehrende Industrienation entwickelt - dafuer gibt es gute Gruende.
Ein unter die Haut gehendes Erlebnis zum Thema Motivation und Begeisterung hatte ich einmal in Korea, Ende der 1980er Jahre. Mein Abflug von Frankfurt nach Seoul war abends. Ich fuhr also am fruehen Abend mit der S-Bahn von Friedrichsdorf zum Flughafen. Ein halbes Dutzend, teils schon angetrunkene und piebelnde Jugendliche fuhren ebenfalls mit der Bahn „um in Frankfurt die Sau rauszulassen" wie es einer formulierte.
In Seoul nahm ich an einer internationalen Konferenz teil, die in einem grossen Hotel am Stadtrand stattfand. Bei solchen Anlaessen habe ich mir auch immer gerne die Innenstadt angesehen. Dafuer habe ich heute sogar das Abendprogramm geschwaenzt.
Am Bahnhof war reger Betrieb. Die meisten Leute kamen offensichtlich von der Arbeit mit der überfuellten Bahn aus der Stadt heraus gefahren. Die Schnellbahn in die Innenstadt hingegen war ziemlich leer. Ausser mir war eine groessere Gruppe Jugendlicher in der Bahn, die, adrett gekleidet, mit Schultaschen ueber den Schultern und Buechern unter den Armen, auch in die Stadt fuhren.
Drei oder vier Jugendliche aus der Gruppe kamen zu mir und fragten wo ich herkomme. „Ach, aus Deutschland", entgegnete einer erfreut und in gutem Deutsch. Einer der anderen sprach gleich begeistert von der deutschen Bundesliga und konnte die Namen aller Spieler von Bayern Muenchen und Borussia Dortmund nennen. Wir kamen ins Gespraech. Sie waren auf dem Weg zu ihrem Deutschunterricht. Alle in der Gruppe haetten ihre Ausbildung bereits abgeschlossen und besuchen einen Deutschkurs nach der Arbeit. Sie wollen sich weiter qualifizieren und erhoffen sich bessere Aufstiegsmöglichkeiten. Gerne wuerden sie für ihre Firma einmal in Deutschland arbeiten.
Sie freuten sich so über unser Treffen, dass sie mir in der halben Stunde Bahnfahrt euphorisch ihre Lebenslaeufe erzaehlten. Fast alle von ihnen kaemen aus laendlichen Gebieten. Ihre Eltern haetten grosse Opfer erbracht damit sie studieren konnten. Das wollen sie durch viel Ehrgeiz und beste Schulleistungen honorieren. Ich konnte ihre Motivation und Begeisterung regelrecht spueren. Sie gingen bestimmt gerne in die Abendkurse.
Dann besprachen sie sich kurz mit den anderen in der Gruppe. Sie hatten eine echte Ueberraschung fuer mich parat. Noch heute, wenn ich daran denke, bekomme ich eine Gaensehaut.
Bevor sie aussteigen mussten, sangen sie für mich das alte deutsche Volkslied Am Brunnen vor dem Tore. Wie schoen. Hoch motivierte, von Deutschland begeisterte koreanische Jugendliche sangen für mich ein typisch deutsches Volkslied.
Etwas beschaemt musste ich spaeter feststellen, wie wenig ich ueber ihr Land Korea wusste. Ich kenne keine koreanischen Fussballclubs und konnte ihnen nicht einmal auf Koreanisch danken oder gar alles Gute für ihre grossen Plaene wuenschen.